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Die lange Nacht

Es hängt. Das lange Bild. Die Geschichte dazu lesen Sie hier...
Einige Sequenzen des Bildes sehen Sie hier.

Neulich fragte mich eine Freundin, welche Nacht mir für immer unvergesslich bleiben wird. Sie meinte es in einem anderen Zusammenhang, doch... tauchte da in meiner Erinnerung eine Nacht auf, die sich so wohl nie wieder zutragen wird. Es war die Nacht des 19. Juni 1986.
Die Nacht vor der Ausstellung und die Nacht vor dem Start des Ars Electronica Projektes „Musik in 1000 Informationen“.
Ein Teil davon war meine Ausstellung des „langen Bildes - der Briefwechsel von Gottfried Benn mit F.W. Oelze“ im damals gerade geschlossenen „Anderen Kino“. Ein idealer Raum um 30 Meter Bild in einem langen U zu präsentieren. Wir hatten alles vorbereitet: mit Unterstützung vieler Personen und einiger Firmen aus Linz hatten wir das nötige Material zur Verfügung. Über 60 Meter Plexiglas, die Beleuchtung, den Draht um das alles aufzuhängen, die Location...
Was wir nicht hatten, war Zeit. Es war klar, dass alles innerhalb dieser einen Nacht passieren würde, weil am darauffolgenden Tag die Vernissage anberaumt war. In unseren Köpfen war das eine glatte Sache. So musste es passieren und so würde es funktionieren.
Das Bild auf Computerendlospapier am Boden aufgelegt, dahinter die vorgebohrten und versetzten Plexiglasplatten, die Schrauben, die Drähte... Nur mehr zusammenfügen, aufhängen und fertig ist die Sache.
Es hat grundsätzlich auch so gestimmt. Allerdings neigt Draht, von der Rolle geschnitten, dazu, sich auch wieder in die ihm aufgezwängte Form zu begeben.
Wir befestigten die Drähte an der Decke, aber sie weigerten sich standhaft in einer geraden Form daran herunter zu hängen. Vielmehr sprangen sie elastisch und widerspenstig wieder an die Decke zurück und gebärdeten sich als untaugliche Federn. Das stellte technisch ein nicht unerhebliches Problem dar, zumal die Zeit knapp wurde.
Da das „Andere Kino“ damals aber Baustelle war, fand sich - wir mussten ja gezwungenermassen improvisieren - jede Menge Material und Werkzeug in einem Nebenraum. Also beschwerten wir die Drähte mit allem, was wir fanden und was sich daran irgendwie festmachen ließ, um sie in die gewünschte Lage zu bringen. (Da war es so gegen 02.00 Uhr.)
Hannes Proschko hat das fotografisch festgehalten. Die zufällig entstandene Installation war so reizvoll, dass wir sie am liebsten so belassen hätten.

Hier hängt alles, was wir finden konnten. Ein Foto von Hannes Proschko und eine Dokumentation einer Nacht...

Rein technisch erfüllte der Behang seinen Zweck, und wir konnten bis 06.00 Uhr früh, das Bild wie geplant aufhängen.
Es war eine lange Nacht. Es war eine schöne Nacht. Und wir waren verdammt froh, als endlich alles vorbei war.
Nachdem das alles schon einige Jahre her ist, hoffe ich, dass ich niemanden vergessen habe... der / die damals in dem Wahnsinnsteam dabei war. Weil eines war klar und das macht diese Nacht zu einer ganz besonderen: Scheitern gehört da nicht zum Spektrum der Möglichkeiten. Das Bild wird hängen und die Vernissage wird statt finden und das Projekt wird starten. Und auch wenn wir in dieser Situation manchmal nicht wussten, wie wir das machen, war immer klar, dass wir es machen. Und wer braucht in solchen Stunden schon den Schönheitsschlaf?
Danach war es mehr Erschöpfung als sonstwas, aber in meiner Erinnerung bleibt es eine der schönsten Erschöpfungen überhaupt.
Nach etwas mehr als 20 Jahren noch mal ein Dankeschön an alle die dabei waren: Sam Auinger, Werner Pfeffer, Martina Kornfehl, Hannes Proschko, Horst Gady und Gonzo.
Und falls ich jemanden vergessen habe, bitte ich erstens um Nachsicht und zweitens um einen berechtigten Aufschrei.

Geschafft. Die letzten Handgriffe beim Morgengrauen. Martina auf der Leiter, Werner, ich und Gonzo rechtschaffen erschöpft am Boden, Horst und Sam im Hintergrund und Hannes (klarerweise unsichtbar) hinter der Kamera. Und die war damals noch analog! Da brauchten die Bilder noch Entwicklungshilfe.

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